Hansi und Isolde oder „Isst der Gast immer wie ein König?“

Hansi, 54, bisher bekennend gewesener Junggeselle, saß seit über 20 Minuten – mit gebanntem, wachsamem Blick zur Eingangstür gerichtet – in einem der nicht ganz so günstigen, allerdings vom Rufe her besten Restaurants der Stadt und wartete voller Sehn- und anderweitiger Süchte…… auf Isolde. Eben jene hatte er vor etwa 3 Monaten, als für ihn äußerst interessant und nett, via Internet erspäht und befand sich seitdem mit ihr in einem wilden, elektronischen Postverkehr. So entschied er sich, sie in die nähere Auswahl seiner künftigen Paarplanung einzubeziehen, um ihr vielleicht nach einer kurzen Phase des auch persönlichen Kennenlernens später einmal beim Ausziehen – äh Auszug und Einzug in sein Eigenheim behilflich sein zu können. Mit zunehmendem Alter erschien im abends das Alleinsein zu langweilig, die Küche und die Waschmaschine zu unausgelastet – ganz zu Schweigen vom Schlafgemach.

Kurzum: Er suchte eine Frau für sein „Wohl jeglicher Art“ – und so meinte er, könnte Isolde diese Holde werden. Da beide als Lieblingsbeschäftigung „lecker Essen“ und „romantische Abende“ angegeben hatten, sollte also nun auf Hansis Einladung hin diese auserkorene Dame hier im angesagten Restaurant erscheinen, um sodann bei romantischem Kerzenschein und gustatorischen Genüssen erobert werden zu können. So der Plan. Und als sie nun erschienen war, er ihr beim partiellen Entkleiden geholfen, sie hernach am Tisch platziert und mit ihr 2 Gläser Schampus geleert hatte – war das Eis gebrochen und beide frohlockten mit freudiger Stimmung um die Wette.

Das Menü hatte Hansi schon vor 2 Wochen geordert und endlich, nach dem Aperitif kam der Feinschmeckersalat, auf den sich die Turteltauben sofort mit passendem, polierten Werkzeug stürzten…

„Ahhhhhhhhhh“ und „Auahhhhhh“ – schrie Isolde plötzlich, nachdem zuvor ein lautes Knacken – ähnlich eines zerberstenden Steines – aus ihrer Mundhöhle zu vernehmen war, ließ das Besteck fallen, sprang auf, hielt sich – weiter schreiend und fluchend – die Hände vor ihr schmerzverzerrtes Gesicht und weinte bitterlich los.

Etwas Hartes hatte sich zwischen dem Edelblatt befunden und ihr beim Zusammenführen der Ober- und Unterkiefer als unnachgiebiger Fremdkörper im Wege gestanden – da brach es entzwei – so wie auch einer von Isoldes hübsch gebleachten Vordezähnen…

Das Weiteressen war vergessen, die Romantik futsch und mit der Turtelei war´s auch vorbei. Die vom Oberkellner noch rasch präsentierte Rechnung für das bestellte 5-Gang-Menü ging verständlicherweise in Hansis strikten Protest. Er konnte sich im weiteren noch als brauchbarer Begleiter zum zahnmedizinischen Notdienst beweisen und stieg seitdem erheblich in der Gunst der Auserkorenen… Isolde hat – Dank der Dentalkünstler – keine Zahnlücke mehr, allerdings kräftig zuzahlen müssen.

Wie ist die Rechtslage in einer ähnlichen Situation? Muss das bestellte, nicht verzehrte  Menü bezahlt werden? Kommt jemand für den Schaden auf?

Hier einige Beispiele aus den weisen Gerichtssälen unserer Republik zum Thema Gastronomie:

Gefahrloses Essen

Als richtig schmerzhaft, wie in unserem, natürlich frei erfundenen Fall, erwies sich der Appetit eines Gastes auf einen Salat: Er biss beim Essen auch auf einen Fremdkörper, verletzte sich und bekam so starke Schmerzen im Oberkiefer, dass ihm das Amtsgericht Köln einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zubilligte. Das Amtsgericht Köln (Az. 122 C 208/05) berief sich dabei auf § 433 Abs. 1 S. 2 BGB: Seiner Ansicht nach lag eine Pflichtverletzung beim Verkauf seitens des Gastwirtes vor, indem er eine mangelhafte Ware „anlieferte“. Das Restaurant sei verpflichtet, Speisen zu servieren, die man ohne gesundheitliche Gefahr verzehren könne.

Schnecke im Salat

Ein Gast muss auch nicht alles akzeptieren. Wichtig ist, dass er sich umgehend an den Wirt wendet und etwa das zähe Fleisch oder die kalte Suppe moniert. Eine kalte Suppe oder das Cordon bleu ohne Schinken sind zwar unangenehm, aber was ist, wenn in der Salatschüssel plötzlich eine Schnecke auftaucht? Das Amtsgericht Burgwedel fand dafür kein Verständnis (Az. 22 C 669/85) und entschied, dass die betroffenen Gäste nur die bereits verzehrten Speisen bezahlen müssen. Das Restaurant sei selber für die Unzumutbarkeit des Weiteressens verantwortlich.

Schmeckt nicht?

Das Amtsgericht Auerbach hatte einmal einen Fall zur Schmackhaftigkeit eines Sauerbratens zu entscheiden. Weigert sich der Gast den Braten zu bezahlen, so muss der Wirt beweisen, dass die Speise ordnungs- und vertragsgemäß zubereitet und dargereicht wurde (Amtsgericht Auerbach, Az. 3 C 833/01).

Tischreservierung

Ist der reservierte Tisch noch belegt und kein anderer frei, so muss der Gast eine Wartezeit von ca. 15-30 Minuten akzeptieren. Umgekehrt hat der Gastwirt einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Gast trotz Reservierung nicht erscheint (vgl. Amtsgericht Kiel, Az. 8 S 160/97). Daher wird bei den meisten Reservierungen neben dem Namen auch die Telefonnummer oder sogar die E-Mail-Adresse des Gastes verlangt. Allerdings muss der Restaurantbesitzer nachweisen, dass ihm durch das Nichterscheinen ein Schaden entstanden ist, weil beispielsweise der Tisch nicht mehr besetzt werden konnte oder wegen einer größeren Reservierung mehr Personal beschäftigt werden musste.

Rechnung kommt gleich – wirklich? Wie lange muss gewartet werden?

Gerichte haben entschieden, dass eine Wartezeit von bis zu 30 Minuten zumutbar ist. Innerhalb dieser Zeitspanne sollte man dreimal laut und deutlich nach der Rechnung verlangen. Bleibt dies ohne Erfolg, kann man aber nicht einfach das Lokal verlassen: Man muss dem Wirt seine Adresse hinterlassen, damit dieser die Rechnung nachschicken kann – sonst riskiert man eine Strafanzeige. Zwar gibt es in Deutschland keinen eigenen Straftatbestand der „Zechprellerei“. Wer einen Wirt aber „in Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsfähigkeit“ zum Servieren von Speisen oder Getränken bringt, kann sich wegen Betruges strafbar machen.

Diese Beispiele sollen die vielen gelungenen Abende, die wir in den zahlreichen Gaststätten unserer Stadt erleben dürfen, nicht in Vergessenheit geraten lassen. Und in jeder Lebenslage – nicht nur beim Essen – ein wenig aufpassen und hinschauen sollte schließlich jeder – auch Hansi und Isolde, jeder Gast, jeder Koch und jeder Wirt.

Und die vorweihnachtliche Moral von der Geschicht?:

Gans und Ente haben Knochen,
die gehen auch nicht weg beim Kochen.
Und auch bei manch so andren Speisen
musst Du mit Vorsicht Dich beweisen.
Drum prüfe vorher, wenn Du kaust,
ob nicht ein Steinchen Du zerhaust.
Sonst macht es „Knacks“ und auawei
ist die feine Schmeckerzeit vorbei.

Frohe Weihnachten!