Rocky und Ponpon

Rocky, ein absolut echt unrassiger, permanent quirlig durch die Gegend laufender und durch keinen Zaun oder jegliche Absperrmaßnahme lokal festzuhaltender Mischlingsrüde, der aus einem „Deckungsverhältnis“ seines Vaters „Hornie“, ein überaus sympatischer, sog. „Dorfköter“ mit einer hübschen „halb-Pudel-halb-Dackel-Dame“ in das irdische Leben hineingeboren worden war, lebt seit Jahren mit seinem Herrchen in einem wunderschönen Haus am Stadtrand und kann aufgrund seines umgesetzten Fortbewegungsdrangs und der damit einhergehenden Fitness als überaus „gut geformt und mit erhöhter Potenz ausgestattet“ bezeichnet werden. Kurzum: ein geiler Kerl.

Auf dem Nachbargrundstück – man ahnt es wohl schon – lebt Ponpon mit ihrem Frauchen. Beide etwas bewegungsärmer, ergo „gut im Futter stehend“ und nichtsdestotrotz äußerst ansehnlich, mithin anziehend – ja, absolut rassig. Ponpon ist zudem eine reinrassige Pon-Hündin, erwählt für die Zucht ebenso reinrassiger Pons…

So trug es sich zu, dass Rocky die rassige, justament läufige Ponpon, als diese gerade ein Sonnenbad neben ihrem schlafenden Frauchen auf der Wiese genoss, mit seinen Rüdenaugen wahrnahm, sodann, da triebgesteuert, sofortigst über den 2 m hohen Sperrzaun sprang, ihr nun einen direkten, äußerst aktiven Besuch abstattete und mit Ponpon dabei gewissermaßen einen deckenden Akt zur grundsätzlichen Arterhaltung vollzog.

Frauchen ward aufgrund hechelnder Laute wach geworden, sah das Geschehen… so war es geschehen.

Und später gebar Ponpon fünf süße, wenn auch völlig unrassige Welpen, die von Frauchen wehmuts- aber dennoch liebevoll aufgezogen worden sind. Rocky und Ponpon waren glücklich, Ponpon wollte später auch keinen anderen Pon-Rüden an sich heranlassen, den Frauchen ihr zum Zwecke eines nunmehr reinrassigen Aktes angemietet hatte. Sie hatte nur Augen für den starken Rocky…

Ponpons Frauchen indeswar nicht so zufrieden mit ihrem Nachbarn – sie klagte gegen Rockys Herrchen und wollte Schadensersatz – so der Fall…

Und wie sahen das nun die Gerichte? Hier die Auflösung:

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 07.02.1990 – 13 U 62/88 –

Wird eine Rassehündin ungewollt von einem Mischlingsrüden gedeckt, so kann dem Halter der Rassehündin ein Schadenersatzanspruch zustehen. Beruht der ungewollte Deckakt aber auch auf unzureichende Sicherheitsvorkehrungen des Rassehündinhalters, so muss er sich ein Mitverschulden zu rechnen lassen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 1986 begab sich ein Mischlingsrüde auf das Grundstück der Nachbarn und deckte dabei eine läufige Pon-Rassehündin. Diese warf aufgrund dessen fünf Mischlingswelpen und ließ sich später von einem Pon-Rüden nicht mehr decken. Die Halterin der Rassehündin klagte wegen des Vorfalls gegen den Halter des Mischlingsrüden auf Zahlung von Schadenersatz. Denn zum einen entstanden ihr Kosten für die Aufzucht der Mischlingswelpen. Zum anderen entstand ihr ein Verdienstausfall, weil sich die andere Rassehündin nicht mehr decken ließ.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr habe ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 833 BGB zugestanden. Der Anspruch habe jedoch nur in einer Höhe von 25 % bestanden, da ihr ein Mitverschulden anzulasten gewesen sei.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts habe die Klägerin den Schaden zu 75 % mitverschuldet (§ 254 Abs. 1 BGB). Dies habe sich daraus ergeben, dass die Gefahr eines Deckaktes in erster Linie von der läufigen Hündin ausgeht. Denn diese setze Duftstoffe frei, durch welche Rüden angezogen werden. Die Rüden können dem Reiz nicht widerstehen und folgen ihm beharrlich. Davon ausgehend seien die Sicherheitsvorkehrungen der Klägerin gegen einen ungewollten Deckakt unzureichend gewesen. Sie hätte die Hündin nicht außerhalb des Hauses frei herumlaufen lassen dürfen, sondern hätte sie im geschlossenen Gebäude halten müssen.

Es sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden gewesen, dass die Klägerin keine Abtreibung vornehmen ließ. Zwar hätte dies den Schaden durch die Aufzuchtskosten verhindert, eine Abtreibung wäre aber mit Gefahren für die Rassehündin verbunden gewesen. Zudem sei die Klägerin auch nicht verpflichtet gewesen, die Mischlingswelpen nach der Geburt töten zu lassen. Vielmehr stehe es jedem Hundehalter frei selbst zu entscheiden, ob er Mischlingswelpen aufzieht oder nicht.

Aha – für den Menschen stellt es also einen verursachten Schaden dar, für den Rockys Herrchen haftet, allerdings trägt Ponpons Frauchen daran die hauptsächliche Schuld, da sie Ponpon nicht wegsperrte und sie im Freien der Gefahr des Deckungsaktes aussetzte. (Derartige Gedanken hegen wohl auch einige Väter jugendlicher Töchter…)

Und hier noch eine andere Entscheidung:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.07.1976 – VI ZR 177/05 

Ungewollter Deckungsakt kann Tierhalterhaftung begründen

Tierhalter haftet grundsätzlich für alle Folgen tierischer Unberechenbarkeit

Der ungewollte Deckungsakt zwischen zwei Hunden ist Folge der tierischen Unberechenbarkeit und kann daher eine Tierhalterhaftung begründen.

In diesem Fall wurde eine reinrassige Chow-Chow-Zuchthündin während des Auslaufens an einer Leine von einem Mischlingshund gedeckt. Die Hundehalterin klagte aufgrund der ungewollten Begattung auf Ersatz der Kosten.

Tierische Unberechenbarkeit begründet Tierhalterhaftung.

Der Grund der Tierhalterhaftung liege in der Unberechenbarkeit des Verhaltens eines Tiers und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter, so der Bundesgerichtshof weiter. Daher müsse ein Tierhalter für all das einstehen, was infolge dieser tierischen Unberechenbarkeit an Schaden entsteht. Ein solches unberechenbares Verhalten sei in jedem Deckungsakt zusehen, den die Tiere ohne Wissen und Wollen ihrer Halter vornehmen. Jeder Deckungsakt sei daher als Ausfluss der Tiergefahr anzusehen.

Ein Mitverschulden der Hundehalterin lag auch hier vor.

Der Bundesgerichtshof verneinte jedoch letztendlich einen Anspruch auf Schadenersatz, da der Hundehalterin ein überwiegendes, den Anspruch ausschließendes Mitverschulden (§ 254 BGB) anzulasten gewesen sei. Sie habe dadurch, dass sie mit ihrer Zuchthündin trotz Wissen um ihre Läufigkeit spazieren ging, den Schaden selbst mitverursacht.

Siehe da – hier wurde dem Frauchen kein Geld zugesprochen, da sie ihr Hündchen so schutzlos den tierischen Trieben eines Mischlingsrüden preisgab, indem sie einfach so in der Öffentlichkeit mit ihr herumspazierte…

Was würden aber Rocky und Ponpon dazu sagen – wenn sie könnten?

Das bleibt heute natürlich offen…